Uncanny Family – Charlotte Wulff
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UNCANNY FAMILY
Das emotionale Erbe – Wie man wird, was man ist
Fotografie – Abschlussarbeit
Gestalterin: Charlotte Wulff
Entstanden: Wintersemester 2021/22
Ödipus, Herrscher. Hanno, Buddenbrook. Mythos und Methode. Prophezeiung, Pest und Poesie. Tradition und Trauma, Knospe und Katastrophe. Dichtung, Dämon, Dekadenz. Enigma, Erinnerung, Erbe. Rätsel in Reihen. Sein, Werden, Sehen, Niedergehen.
Bei einer Auseinandersetzung mit sowohl dem Ödipus-Mythos nach Sophokles als auch mit Thomas Manns Werk „Buddenbrooks – Verfall einer Familie“ fällt als wiederkehrendes Sujet das Phänomen des transgenerationalen Traumas auf. Ein Trauma (griech. „Wunde“) zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass das Gehirn traumatische Erinnerungen nicht zu einem Ganzen zusammenfügen kann, sondern dass bestimmte Trigger immer nur einzelne Splitter eines zersprungenen Spiegels herausreißen. Diese blinden Flecken können Merkmale einer dissoziativen Amnesie sein: Der/die Betroffene steht in Schockstarre vor einer Sphinx, die ein Rätsel aufgibt und damit gleichzeitig eine maximale Lebensbedrohung darstellt. Wird diese Sphinx nicht gezähmt, die seelische Wunde nicht geheilt und somit das Trauma nicht verarbeitet, kann es vererbt werden – das bestätigen Studien aus dem Feld der Epigenetik.
In aristotelischer Einheit des Ortes eignen sich die Bilder dieser Arbeit in der Ästhetik des Unheimlichen („The Uncanny“) einen fremden Ort an, nutzen ihn als Bühne des Ausdrucks für Erinnerungen, die nicht und doch die eigenen sind, die eines Hannos, einer Iokaste, einer Fiktion, die ein Rätsel darstellen mit vielen Antwortmöglichkeiten auf die ungeheure Lebensfrage, wie man wird, was man ist. Die Arbeit exploriert dieses emotionale Erbe im Spannungsfeld zwischen Schicksal und Zufall, Schöpfung und Verfall, Rätsel und Lösung, Angst und Abgeklärtheit. Es bleibt ein vertikales Streben nach Auf- und Erlösung.