Hommage fatale

Kommunikationsdesign

Gestalterin: Monika Dietrich, 5. Semester
Entstanden: Wintersemester 2020/21

Von Superspreadern des Wahnsinns, Maskenverweigerern und Corona-Engeln

Wir haben alle Angst in diesen Tagen. Die unsichtbare Virusgefahr macht uns zur pandemiepanischen Schicksalsgemeinschaft. Das Virus ist frei. Es kennt keine Grenzen. Macht nicht halt. Ist nicht zu stoppen. Ist nicht wegzutherapieren, nicht wegzuflehen, nicht wegzuschreiben, nicht wegzumalen, nicht wegzureden. Es geht nicht mehr weg. Es bleibt bei uns. Es ist in aller Rachen und Munde. Wir können ihm keins husten. Es verdreht Köpfe, belegt Herzen und Lungen, schüttelt Körper, zerrüttet Seelen.

Es macht Angst. Angst vor Atemluft. Angst vor Atemnot. Angst vor Infektion. Angst vor Desinfektion. Angst vor Mundschutz. Angst vor Bevormundung. Angst vor Zahlen. Angst vor Zahlungsunfähigkeit. Angst vor Mutlosigkeit. Angst vor Übermut. Angst vor Angstmache. Angst vor Sorglosigkeit. Angst vor Einschränkungen. Angst vor Freiheiten. Angst vor Aggression. Angst vor Schutzlosigkeit. Angst vor Denunziantentum. Angst vor Aluhüten. Angst vor Anderen. Angst vor dem Lockdown. Angst vor der Menschenmenge. Angst vor Ungewissheit. Angst vor Gewissheiten. Angst vor der Wissenschaft. Angst vor Unwissenheit. Angst vor Einsamkeit. Angst vor Nähe. Angst vor Distanz. Angst vor der Furcht. Angst vor Furchtlosigkeit. Angst vor Drohkulissen. Angst vor Pandemieermüdung. Angst zu leben. Angst zu sterben.
Markus Söder will nachschärfen. Thea Dorn spricht von Angstraumbewirtschaftung und Pandemiebekämpfungshektik. Die Psychologin Michaela Huber vernimmt Orwell Speech: „Abstand ist Fürsorge“ „Distanz ist die wahre Nähe“.

Wie begegnet uns die Angst in der Sprache? Wie begegnet die Sprache unserer Angst? Verleitet sie oder leitet sie uns? Was lesen wir und was fühlen wir dabei? Die Virusfurcht verbindet uns. Aber macht sie uns auch zu Verbündeten? Das Reich der Angst ist schwer bewohnbar. Wie finden wir uns zurecht in ihren Wechselzuständen? Wie finden wir Zuversicht im Angesicht der fliehenden Existenz? Wie schauen wir nach vorne, ohne uns in der Verzweiflung zu verhaspeln? Wie befreien wir uns von der sinnlosen Suche nach Schuldigen? Wie halten wir uns aus, ohne uns zu bekriegen? Wie drücken wir uns aus, ohne uns zu spalten?

Monika Dietrich weiß es nicht. Sie spürt nur – lesend und hörend. Mal dies. Mal jenes. Sie sammelt Spracheindrücke, verdaut und macht sich Bilder. Ihre Coronagen 2020 sind eine Komposition von collagierten Bildwelten, ausgewählten Zeitungspassagen und (minimal)invasiven gestalterischen Eingriffen.